Credits: Joshua Danley, The Pelikan's Perch

Zeitgeist | “Füller geben mir eine Energie, die mich auch durch die dunkelsten Tage bringt” – Joshua, Pneumologe, über sein liebstes Hobby

Lungenfachärzte an Krankenhäusern gehören in der Coronakrise zu den wichtigsten Experten weltweit. Joshua Danley ist einer von ihnen. Covid-19 erlebt er aus nächster Nähe. Entspannung? Findet er in der Familie – und in Füllern von Pelikan.

Credits: Joshua Danley, The Pelikan's Perch
Credits: Joshua Danley, The Pelikan’s Perch
Joshuas Leidenschaft sind Füllfederhalter. 2014 launchte er seinen Blog The Pelikan’s Perch. Zu diesem und zu seinem Beruf in diesen Wochen, in denen die Covid-Todeszahlen in den USA so hoch sind wie nie, sprach ich mit ihm.

Joshua, Dein Blog The Pelikan’s Perch ist eine Fundgrube! Seit wann interessierst Du Dich für Füller?

Ich mochte schon immer alles Analoge. Aber erst nach dem Medizinstudium 2009 kam ich dazu, mal einen Füllfederhalter auszuprobieren. Dann schenkten mir meine Schwiegereltern einen Waterman Expert. Ein Glück: Es war so aufregend, als ich ihn mit Tinte füllen wollte! Ich hatte nur null Ahnung. Wenig später verschwand der Füller in der Schublade und verblasste in meiner Erinnerung. Bis 2012. Da lag ein Flyer von einem Füller-Händler im Briefkasten. Ich wollte eine zweite Chance, bestellte einen gelben Lamy Safari und einen Pilot Vanishing Point. Mein Wissen wuchs, auch dank der Entdeckung des Fountain Pen Network.

Ich freute mich über das Schreibens, wie es nur Füller ermöglichen: wie leicht sie über das Papier gleiten wie ein Boot auf einem Fluss aus Tinte. Seitdem bin ich hingerissen.

Joshua Danley
Der „Waterman Expert“. Credits: Waterman, Paris
Credits: Joshua Danley, The Pelikan's Perch
Credits: Joshua Danley, The Pelikan’s Perch

Bald kannte ich diverse Marken auf dem Markt und erkundete verschiedene Füllsysteme. Die Vielfalt – großartig. 2013 stolperte ich über ein Angebot: einen kaum gebrauchten Pelikan M205. Schon beim Auspacken war klar: Das ist wahre Liebe. Er hatte das ideale Taschenformat, ein ganz klassisches Design. Ich begann, die Firma Pelikan genauer unter die Lupe zu nehmen. So viel Unternehmensgeschichte! Seitdem komme ich nicht mehr davon los. Ich verkaufte die übrigen Füller meiner Sammlung, um Platz zu schaffen, und behielt nur den Lamy Safari und den Pilot Vanishing. Aus sentimentalen Gründen, versteht sich.

Und so war die Idee zum Blog geboren?

Naja – die Pausen während meiner Arbeit für medizinische Gremien verbrachte ich oft damit, mehr über die Geschichte hinter den Füllern in meiner Sammlung herauszufinden. Das war einerseits eine gute Ablenkung. Es gab so viel Tolles dabei. Aber das war überall im Internet verstreut. Ich brauchte ziemlich lange, die Puzzlestücke zusammenzusetzen. Irgendwann fragte ich mich, ob andere diesen Frust teilen. So kam ich zur Idee, ein virtuelles Zuhause für Gleichgesinnte zu schaffen – ein Depot von Artikeln, die die Leser tief eintauchen lassen in das, was hinter den Füllermodellen und der Firmengeschichte so zu finden ist. Anfang September 2014 launchte ich The Pelikan’s Perch. Der Blog hat bis heute starken Zulauf!

Du bist Lungenfacharzt und Intensivmediziner. Wie ist Deine Arbeitssituation?

Ich arbeite am Riddle Hospital, einem öffentlichen Krankenhaus in Media, einem Vorort von Philadelphia, Pennsylvania. Als Pneumologe bin ich hier stationär und ambulant tätig, außerdem in der intensivmedizinischen Betreuung auf einer Intensivstation mit 14 Betten. Diese Station leite ich seit drei Jahren. Stress ist in einer solchen Privatpraxis ein Dauerbegleiter. Auch an guten Tagen ist die Intensivmedizin herausfordernd. Der Stress ist mit dem Coronavirus noch einmal stark gestiegen. Das Arbeitsvolumen ist hoch, ich bin in einer Art Dauer-Alarmzustand. Überwach. Die Sterberate durch Covid ist hoch, wenn auch gerade nicht so hoch wie im Frühjahr. Das zeigt, wie tödlich das Virus für viele Menschen ist. Im Augenblick steigen die Zahlen rapide. Wir werden wohl an unsere Grenzen kommen.

Es muss schwer für Dich sein, die Arbeit mit deiner Füller-Passion zu vereinbaren.

Eigentlich gibt es in der Medizin kaum noch Raum für Handschriftliches. Computer nehmen so viel Raum ein. Meine Füller kommen nur zum Spielen raus, wenn ich etwas notiere.

Manchmal, wenn ich mit älteren Patienten im Untersuchungszimmer bin und Ihnen etwas aufschreiben muss, ziehe ich meinen Füller aus der Tasche. Dann staunen sie über mein Schreiben mit einem „Füllfederhalter“.

Joshua Danley

Ein Jammer, dass das Schreiben in der Medizin kaum noch stattfindet.

Haben die Füller noch weiteren Einfluss auf Deine Arbeit?

Indirekt jeden Tag. Meine Arbeit ist unglaublich anstrengend. Die Füller und der Blog sind meine Art, abzuschalten. Das ist eine Zuflucht, ich muss für kurze Zeit nicht an die Arbeit denken. Diese Dinge rücken alles zurecht und geben mir die Energie, weiterzumachen – sie bringt mich auch durch die dunkelsten Tage. Die Unterstützung durch die Community tut mir auch gut. Ich nehme die Füller aber seit Beginn der Pandemie nicht mehr mit ins Krankenhaus. Ich müsste sie sonst ständig desinfizieren. Sie sind potenzielle Keimträger. Also bleiben sie zuhause. So ist es für meine Familie und mich am sichersten.

Wieviel Zeit verbringst Du damit, zu schreiben und Füller zu testen?

Ich habe 10- bis 14-Stunden-Tage, je nach Lage. Zeitweise habe ich freie Wochenenden oder bin abends lange wach. Dann schreibe ich. Das sind vielleicht fünf bis acht Stunden pro Woche. Nach der Arbeit gehört die Zeit meiner Familie: Ich habe eine tolle Frau und zwei Söhne, zwei und sieben Jahre alt. Da ist viel los. Ich denke ständig daran, dass die beiden ihren Dad kaum sehen. Daher will ich so viel Zeit wie möglich für sie haben. Was dann bleibt, gehört den Füllern. Manchmal wundere ich mich, dass der Blog so gut läuft. Ich bin oft übermüdet, wenn ich schreibe. Aber ich genieße es.

Joshuas Schreibtisch zuhause. Credits: Joshua Danley, The Pelikan's Perch.
Joshuas Schreibtisch zuhause. Credits: Joshua Danley, The Pelikan’s Perch.

What does writing mean to you?

Ich wünschte, ich könnte mehr schreiben. Früher hatte ich fünf, sechs Brieffreundschaften weltweit. Heute benutze ich Füller noch, um Ideen zu notieren oder für mich zu schreiben. Das klappt nicht regelmäßig. Aber immer, wenn ich mit der Hand schreibe, ist das so viel persönlicher als das Digitalkonstrukt, in dem wir heute leben.

Tauschst Du Dich mit Gleichgesinnten aus? Mit Sammlern oder Füller-Experten?

Wenn es zeitlich geht, besuche ich Füller-Meetups. Vor der Pandemie hab ich zwei oder drei Mal im Jahr Füller-Shows besucht. Natürlich hab ich früher auch regelmäßig das Pelikan Hubs Event besucht, eine Networking-Veranstaltung von Pelikan für alle Füller-Enthusiasten: großartig, um sich auszutauschen. Hin und wieder spreche ich virtuell in Club-Veranstaltungen. Der Blog ermöglicht es mir, Menschen aus der ganzen Welt zu treffen und mich auf eine Weise auszutauschen, die vorher nie möglich gewesen wäre. Allein die regelmäßige Post aus aller Welt! Ich genieße diesen Informationsaustausch ebenso wie die Möglichkeit, anderen weiterzuhelfen.

Credits: Joshua Danley, The Pelikan's Perch
Credits: Joshua Danley, The Pelikan’s Perch

Welcher ist Dein liebster Pelikan-Füller?

Das ist wie die Frage danach, welches Kind man am liebsten hat. Schwer zu sagen! Ich liebe alle auf eine je eigene Weise. Die Vielfalt ist zum Glück so groß, dass es für jeden Geschmack oder jede Aufgabe einen Füller gibt. Meine Top Vier für heute (auch wenn das morgen wieder vier ganz andere Füller wären!):

  • Der Toledo – mein Heiliger Gral – und zwar der gelbe M910.  
  • Dann folgt der Spirit of Gaudi – er ist so anders als alles, was Pelikan vorher geschaffen hat. Er gewinnt schon allein zum Spaß.
  • Dann würd ich den M200 Snakeskin nehmen, ein weißer Wal, nach dem ich fünf Jahre Ausschau hielt, ehe ich ihn kaufte.
  • Und schließlich den Souverän M1000 Green Ray – er ist atemberaubend anzuschauen dank der Raden technique.  There are so many other great models that could make the list but there you have it for today.
Credits: Joshua Danley, The Pelikan's Perch
Der „Toledo“ von Pelikan. Credits: Joshua Danley, The Pelikan’s Perch

Welchen Füller empfiehlst Du Neulingen?

Ein Füller der M2xx-Linie von Pelikan ist ein guter Anfang. Die Standardgrößen mit vergoldeten Stahlfedern sind verlässliche Tagesbegleiter mit klassischem Style und Kolbenmechanismus. Von den älteren Modellen empfehle ich gern den 140 or 400NN. Die ausdrucksstarken Federn bringen mehr Schreibspaß. Für alle mit etwas Vorwissen: Tauchen Sie in einen alten Pelikan-Katalog für Vintagemodelle ein. Füllertypen wie der 100 and 100N sind heute mit etwas liebevoller Pflege genauso verlässlich wie vor Jahrzehnten.

Weihnachten naht. Wirst Du Karten schreiben? Mit welchem Füller?

Die Weihnachtspost überlasse ich meiner Frau. Sie mag das und ist super organisiert. Leider ist sie völlig frei von jedem Füller-Gen. Ich habe keine Chance, sie zu überzeugen. Sie ist glücklich in ihrer Kugelschreiber-Welt. Und damit werden in diesem Jahr wohl auch unsere Karten unterschrieben. Ich würde mir dafür ja meinen M800 Tortoiseshell Brown mit breiter Schrägfeder nehmen… eine Freude für besondere Augenblicke!

Danke Dir, Joshua. Pass auf Dich auf!

Weitere Informationen:

Joshuas Blog The Pelikan’s Perch

Joshuas Kanal auf Instagram

Pelikan “High Quality” Writing Instruments

“Penexchange”-Forum für Sammler von Pelikan-Füllern

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