Wie arbeiten Kreative auf Reisen? Wo kehren sie ein? Was entsteht, und wie lassen sie uns daran teilhaben? Für The Bartleby öffnen Kreative ihre Notizbücher und geben Einblick.
#4: Sophie Mutlu
Sophie lebte bis 2015 mit ihrem Freund, dem Fotografen Peter Zenkl, in Köln. Dann gingen sie mit ihrem alten VW-Bus auf Reisen. Fuhren durch Mexiko in Richtung Norden. Ihr Ziel war Alaska. Dort kamen sie nicht an, denn sie blieben sie in Kanada – bis heute. Die Bären und Elche des Nordens zieren inzwischen Sophies Drucke, Grußkarten und Illustrationen, von denen sie lebt. Und zwar in dieser Hütte im Wald.
Ein Leben wie das von Sophie und Peter weckt die Sehnsucht nach Weite, Freiheit und Natur. Vor allem während der Pandemie. Von der bekommen die Künstler wenig mit. Hier ist alles weit genug entfernt.
Mir beschrieb Sophie einen typischen Arbeitstag.
„Meistens beginnt mein Tag damit, das Feuer in unserer Cabin in Gang zu bringen. Zumindest jetzt im Winter. Anschließend gibt es ein ausgiebiges Frühstück mit Cowboy Café im Kerzenschein. Danach geht es mit unseren beiden Hunden in den Schnee. Raus in die Natur. Hier bekomme ich auch meine Inspirationen.
Füchse, die mir über den Weg laufen, Kojoten, die nachts um unsere Cabin herumschleichen oder die Wölfe, die uns nachts in den Schlaf heulen, das sind meine Inspirationen.
Sophie Mutlu
Nach dem Spaziergang gehts dann ans Malen. Meistens mit meinem IPad und Apple Pencil, oft aber auch klassisch mit Stift und Papier. Ich liebe es, beide Medien zu vermischen. Klassisch und modern. Zum Malen sitze ich oft an unserem selbstgebauten Holztisch auf der selbstgebauten Holzbank. Wenn ich rausgucke, sehe ich schneebedeckte Espen und Tannen und ein eifriges Eichhörnchen, das seine Wintervorräte zusammensucht.
Während Peter an seinen Bildern arbeitet oder Artikel schreibt, bringe ich zu „Papier“, was mich tagtäglich inspiriert. Das kann manchmal den ganzen Tag dauern, manchmal auch nur einige Stunden. Ich lasse mich treiben. In der Vorweihnachtszeit habe ich an unzähligen Familien-Illustrationen und Sonderanfertigungen für Weihnachten gearbeitet.
Außerdem bin ich dabei, mein erstes Kinderbuch fertigzustellen. Ein zweites wartet für Anfang 2021 auf mich. Wenn mein Kopf raucht oder ich mal eine kreative Blockade habe, gehe ich raus.
Trotz der Erfüllung die ich hier finde, fehlen mir manchmal die Cafés und die spontanen Möglichkeiten, Leute zu treffen. Oder in einem gut bestückten Kunstzubehör-Laden zu stöbern. Whitehorse, die nächst größere Stadt, hat ein hübsches Café und keinen Laden für Kunstzubehör. In Zeiten von Corona bin ich jedoch froh, hier zu sein, fernab von all dem. Weit weg von vielen Geschäften, Cafés und Menschenmassen. Hier im Yukon müssen wir zwar auch Masken tragen, um in die Läden gehen zu können. Die Zahlen der Neuinfizierten lässt sich aber an zwei Händen abzählen.
Die Weihnachtstage haben Peter, die beiden Hunde und ich gemütlich und ruhig in unserer kleinen Cabin verbracht. Mit selbst geschlagenem Baum, draußen im Wald.“
Die Cabintür zu öffnen und in mitten des Waldes zu stehen, dass ist es, was ich liebe und so sehr zu schätzen weiß. Die Wildnis vor der Haustür. Tür auf und durchatmen, das hilft um den Kopf frei zu kriegen.
Sophie Mutlu, Illustratorin
Website und Shop von Sophie Mutlu
Sophie Mutlu auf Instagram
Das Magazin Walden hat Sophie und Peter im letzten Jahr digital besucht. Sehenswert!
Sophie und Peter, die stehen für meine ungelebten Abenteuer in den kalten Teilen Kanadas. Mich wundert die Geduld, die sie mit sich haben. Ich lese gerne ihre Texte und betrachte ihre Illustrationen und Fotos. Sie schaffen es, mir die eigentlich unwirtlichen Lebensverhältnisse als Sinn stiftende Orte nahe zu bringen. Worauf ich noch warte: Sophies Kinderbuch vom kleinen und großen Bären und dessen Phantasien, die aus kalten Erlebnissen warme Bilder entstehen lassen.
19. April 2022
Herzlichen Dank, lieber Rudolf Wiese! Ich habe Ihre Zeilen zum Anlass genommen, mal nachzuhorchen in Yukon. Sobald ich eine Antwort habe, gibt es ein Update des Beitrags! Alles Gute für Sie, Judith Schallenberg