Noch im Sommer 2020 war das Neuköllner „Autorenloft“ gut gebucht: Die Schule für kreatives Schreiben fuhr nach dem ersten Lockdown ihren Betrieb wieder hoch. Im Januar 2021 hat Gründerin Melanie Schaum-Durmaz den Betrieb vorübergehend auf Eis gelegt. Sie hofft, dass bald alles neu anlaufen kann. Währenddessen ist sie gut beschäftigt: als Literaturscoutin.
Wenn Melanie Schaum-Durmaz von ihrem Autorenloft erzählt, kommt die Sprache rasch auf die Dozenten, die in ihrer Schule für kreatives Schreiben schon zu Gast waren. Zu den Autoren, die hier ihr Wissen an Laien mit Schreibambitionen weitergeben, gehörten schon Schriftsteller wie Ralf Husmann, Erfinder und Autor von „Stromberg“, Drehbuchautor und Dramaturg Oliver Schütte, Schriftsteller Mario Giordano oder Charlotte Larat, Literaturagentin mit Kinderbuch-Expertise. Melanie Schaum-Durmaz kam ihr gutes Netzwerk in der Literaturszene gelegen. Sie ist gelernte Buchhändlerin und arbeitete viele Jahre im Vertriebsaußendienst in der Buchbranche. „So kam die Idee, Schreibkurse anzubieten“, erzählt sie. Ihre Tätigkeit läuft im Hintergrund ab: als Organisatorin.
„Ein Premiumprodukt mit besonderer Gastlichkeit“
2018 begann sie, das Konzept für die Schule zu entwickeln. Sie designte ein Logo, sprach mit einem Businesscoach, nutzte das eigene Netzwerk. „Es gelang mir, namhafte Autorinnen und Autoren für Wochenendseminare im Loft zu gewinnen“, erzählt sie. „Mein Wunsch war, ein Premiumprodukt mit besonderer Gastlichkeit in tollen Räumen zu kreieren. So kam es zum Glück auch, und ich hatte von Anfang an Anmeldungen für die Seminare.“
Um ihr Angebot bekannt zu machen, legte Schaum-Durmaz unter anderem Werbeflyer in rund 50 Berliner Buchhandlungen aus und rührte die Werbetrommel auf Facebook. Das Loft mietete sie vom Mitosis Coworking Space in Neukölln, wann immer Seminare gebucht wurden. „So fiel ich im ersten Lockdown nicht ganz so hart, als erste Anmeldungen ausblieben“, sagt sie.
„Beim Online-Format gehen elementare Dinge verloren“
Ende 2020 war es aber selbst mit viel Flexibilität nicht mehr möglich, Seminare im Autorenloft durchzführen. Das ständige Hin und Her von Absagen, Neuterminierungen, erneuten Absagen, Umstellungen auf Online war für alle Seiten ermüdend. „Ich hätte die Veranstaltungen digital anbieten können“, sagt sie. „Doch nicht jeder, der bei uns referiert, kann sich vorstellen, das umzusetzen.“ Beim Online-Format gingen etwa elementare Dinge verloren, so Schaum-Durmaz. „Zum Beispiel Atmosphäre, zwischenmenschliche Begegnungen und das Vergnügen, an einem sehr besonderen Ort zu sein. Doch das ist es ja, wofür wir stehen.“ Im Januar 2021 schickte sie das Loft daher vorübergehend in die Pause.
Ihr zweites Standbein: die Tätigkeit als Literaturscoutin
Bis die Seminare im Laufe des Jahres wieder stattfinden können, arbeitet Melanie Schaum-Durmaz in ihrem eigentlichen Beruf: als Literaturscoutin für Film und Hörspiele. Sie sichtet also literarische Stoffe auf ihre Film- und Audiotauglichkeit. „Ich bin seit meiner Kindheit begeisterte Leserin und kenne die Buchbranche seit 30 Jahren,“ sagt sie. „Außerdem liebe ich Filme.“ Sie arbeitete unter anderem für Studio Canal und Kordes & Kordes Film und ist jetzt für Audible und seit Februar 2021 auch für Amazon Studio tätig. „Mein Herz schlägt für gute Geschichten. Ich habe einen Sinn für literarische Stoffe und ihre filmische Adaption.“ Ihr Portfolio umfasst die Stoffrecherche, Monitoring, Reporting, die Klärung der Rechte oder den Austausch mit Verlagen, Autoren und Literaturagenten.
„Das Schöne an der Freiberuflichkeit ist, dass sich immer wieder Möglichkeiten ergeben, wenn man gut ist“, sagt sie. „Seit ich freiberuflich arbeite, habe ich viel geackert. Es kommt viel zurück. Das macht mir eine riesige Freude.“ Damit ihr die Bücher nicht zu sehr fehlen, arbeitet sie einen Tag pro Woche in der Buchhandlung eines Freundes. „Mit Büchern und unter Menschen zu arbeiten, ist eine wunderbare Abwechslung“, sagt sie. „Ich liebe diesen Tag in der Woche.“
0 Kommentare zu “Gründer | Das „Autorenloft“ in Berlin: Wie die Gründerin dieser Schule für kreatives Schreiben durch die Pandemie kommt”