Unterwegs | Vom Flugzeugingenieur zum Künstler: So brachten Reisetagebücher José Naranja tausende Fans

Reisen, Stifte und ein kleines Moleskine-Notizbuch: So begann José Naranja aus Madrid vor Jahren, Reisetagebücher zu führen. Als der Flugzeugingenieur sie im Netz zeigte, machte sein künstlerisches Talent die Runde. Auf Wunsch fertigte Naranja Kopien seiner Bücher von Hand an und verkaufte sie. Heute hat er Kunden weltweit und über 200.000 Follower auf Instagram.

Einstieg in eines seiner Reisetagebücher: Wir sehen Asien im Zentrum. Credit: José Naranja

Im Gespräch mit José Naranja.

José, Tausende Menschen lieben deine Reisenotizbücher. Sie tragen klangvolle Namen wie „The Nautilus Manuscript“ und zeigen deine Einträge und Zeichnungen von unterwegs. Kunst pur, die du nun auch verkaufst. Die Kopien der Bücher bindest du von Hand. Als Flugzeugingenieur arbeitest du nicht mehr. Wie kam es dazu?

Mein Job als Flugzeugingenieur war sehr technisch. Andere fanden meine Arbeit schon damals ziemlich gut. Aber Kreative brauchen eben Freiraum und die Möglichkeit, neue Wege zu gehen. Das ist unmöglich, wenn man in einem Büro arbeitet, Regeln und Zeitplänen folgen muss. Heute nutze ich meine Zeit zum Reisen, Nachdenken, Erkunden und Notieren. Wenn ich reise, greifen all diese Aspekte wie Teile einer Choreographie harmonisch ineinander.

Kleine Erinnerungen an seine frühere Tätigkeit, bei der Naranja es vor allem mit Airbus-Passagierflugzeugen zu tun hatte, die er entwarf. Credit: José Naranja

Wann und warum hast du entschieden, deine Reisetagebücher zu verkaufen? 

Die ersten Exemplare habe ich 2016 von Hand vervielfältigt und verkauft. Es begann als Experiment und wurde zu einer ernstzunehmenden Tätigkeit. Plötzlich öffneten sich mir viele weitere Türen. Die anfangs eher verrückte Idee macht mich heute glücklich: Jetzt haben auch andere Freude an den Reisetagebüchern.

Naranja bei dem, was er am liebsten macht: Reisetagebücher führen. Credit: José Naranja

Wie sprach sich das herum? Wer sind deine Kundinnen und Kunden?

Die Möglichkeit gab mir das Internet. Wie von Zauberhand hab ich Menschen überall auf der Welt mit meinen Tagebüchern erreicht, und sie kaufen sie. Das überrascht mich immer wieder. Ich schätze es sehr. Der zentrale Gedanke hinter den Kopien ist, dass ich den Leuten damit das gleiche Gefühl vermitteln will wie das, was entsteht, wenn man die Originale von meinen Reisen in der Hand hält – das gleiche Papier, das gleiche Leder für den Einband, die Maße, das haptische Empfinden.

Was war für dich zuerst da: das Zeichnen oder das Schreiben?

Zuallererst die Ideen. Dann kommt das Schreiben, der Text, den ich brauche, um die Ideen zu entwickeln und zu vermitteln. Die Zeichnungen und Wasserfarben brauche ich danach, um das Erlebte visuell anzureichern. Ich genieße den Gesamtprozess. Er ist jedes Mal anders.

In deinen Manuskripten wird deine Liebe zu Asien deutlich. Kannst du beschreiben, welche kulturellen Aspekte zum Beispiel in Japan, ein Land mit großer Papier-Tradition, dich besonders ansprechen?

Ich liebe Asien wirklich. Japan hat eine enormen kulturellen Wert, eine hochentwickelte Kultur. Die bewundere ich. Es gefällt mir, dass auch noch das kleinste Detail darin neu für mich ist – es ist ein Genuss, wenn ich sie zum ersten Mal erkunden kann. Das beginnt mit der Einfachheit des Ukiyo-e-Stils, einem Genre der japanischen Malerei, bis zum zeitgenössischen Manga. Das alles sieht für mich so exotisch aus.

Welche Orte in Asien magst du am liebsten?

Thailand trage ich immer im Herzen. Die meisten meiner Reisen der vergangenen Jahre gingen nach Asien. Immer kam ich mit total positiven Erfahrungen zurück. Wenn ich mich für Lieblingsorte entscheiden müsste, wären das Bangkok, Hong Kong und Tokyo.

Auch mit dem Füller gelingen dem Künstler, der das Zeichnen nie professionell gelernt hat, feinste Illustrationen. Credit: José Naranja

Gibt es Schreibaccessoires, ohne die du nicht reist?

Ja. Das muss ich allerdings immer wieder optimieren, weil ich gern mit leichtem Gepäck unterwegs bin. In meiner Tasche finden sich zuverlässige Begleiter wie Gel Pens, die Fineliner Pigma Micron, Pinselstifte von Zebra, Wasserfarben und mechanische Bleistifte von Pentel. Wenn ich so darüber nachdenke: Vieles davon kommt aus Japan. Ich kann das Material also überall bekommen. Bei sowas halte ich es gern einfach.

Einige Tools, mit deren Hilfe sich Naranjas Reisetagebücher gut füllen lassen. Credit: José Naranja
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Hier blättern wir mit José Naranja in einem seiner Reisetagebücher von 2014. Credit: José Naranja

Hattest du unterwegs schon Begegnungen mit Menschen, die deine Passion für das Reisen, Schreiben und Zeichnen und für Reisetagebücher teilen?

Ich habe definitiv schon großartige Leute getroffen, die diese Leidenschaft teilen. Am faszinierendsten finde ich natürlich, dass jedes Reisetagebuch anders ist. Deshalb liebe ich es, in Reisetagebüchern von anderen zu blättern. Sie sind Fenster zu ihrer Welt. Vor ein paar Jahren hatte ich zum Beispiel das Glück, Patrick Ng in Hong Kong zu treffen. Ihn hab ich schon bewundert, als das Internet gerade erst aufkam. Wir teilen viele Interessen. Ich hoffe, in Asien noch vielen weiteren spannenden Leuten über den Weg zu laufen.

Auch Kolumbien und Californien waren schon Reiseziele, wie die Reisetagebücher zeigen. Credit: José Naranja

Mehr über José Naranja:

Der Künstler verkauft seine handgebundenen Reisetagebücher über die Website seines Blogs. Zur Wahl stehen „The Nautilus Manuscript“ und „The Orange Manuscript“ sowie Drucke.

Instagram: @jose_naranja

Interessierte können José Naranja per Email kontaktieren.

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