Tintenfarbe auf Sojabasis, die langsam ins Papier einzieht und im Druck höchst individuell Gestalt annimmt: So geht Risographie. Die immer populärere Art des Druckens inspirierte zwei Berlinerinnen erst zur Gründung eigener Kartenlabels, ehe sie ein gemeinsames Sortiment auf den Markt brachten, „togethery“.
Bis vor einiger Zeit wusste ich mit „Risographie“ nichts anzufangen. Dann fiel mir in einem Berliner Kaufhaus eine Karte des Berliner Kartenateliers feingeladen in die Hände. Der Druck auf Naturpapier leuchtete charmant und hatte etwas Unscharfes. Ich recherchierte und stieß auf eine japanische Druckmaschine: den Risographen.
Digitales Druckverfahren mit Versatz – jedes Papier ein Original
Der Risograph erlaubt eine Art digitalen Siebdruck mit einer Tinte auf Reiskleiebasis. Das Schablonendruckverfahren entstand 1958 in Japan. Auf Basis einer Vorlage erstellt der Drucker zunächst eine Masterfolie, die er danach auf eine rotierende Trommel spannt. Beim darauf folgenden Belichtungsvorgang kommen weder Hitze noch Chemie zum Einsatz. Das Papier, das verwendet wird, sollte eine offene Struktur haben. Der Risograph druckt darauf nämlich mit einem Versatz von ein paar Millimetern. Das Ergebnis: Jeder Druck ist ein Original.
Grafikdesignerin Maria Bahlmann vom Kartenatelier feingeladen in Berlin verdankt der kalten Drucktechnik ihr Geschäft. „Als ich auf das Riso-Verfahren stiess, hatte ich gerade Designvorlagen für personalisierbare Einladungen oder Weihnachtsgrüße entworfen“, sagt sie. Sie gestaltete probehalber ein paar Motive für das Weihnachtsgeschäft 2017. „Das lief erfreulich gut. Ich rutschte schneller in das Kartengeschäft hinein als geplant.“
Ein Herz für Papierprodukte, Bücher, Typographie
Eines der liebsten Betätigungsfelder von Maria Bahlmann, die nach mit Mann und Söhnen einigen Jahren in den USA seit 2012 in Berlin lebt, sind Buchgestaltung und Typografie. Schon ihre Diplomarbeit an der FH Bielefeld brachte sie als selbstgestaltetes Buch auf den Markt: Des Esels Ohr ist eine Sammlung von Zitaten aus der Weltliteratur rund um die menschliche Identität. Die Neuauflage, Des Esels zweites Ohr, erhielt einen Preis der Stiftung Buchkunst als „Eines der schönsten Bücher 2001“.
Zur Zeit wälzt Maria Bahlmann Ideen für eine ganz eigene Nische. Inspirationen hat sie reichlich.
„Meine Verbindung zu Papier? Schon auf einer Klassenfahrt nach Rom vor 30 Jahren habe ich mir schönes Papier gekauft und hüte dieses immer noch wie einen Schatz“, sagt Stefanie Liceni, Gründerin von Hungry Paper in Berlin. Die Basis ihres jungen Labels? Vielfältige Risographie-Drucke.
Etwas anders kam Stefanie Liceni zum Druck: Als Kommunikationsdesignerin war sie viele Jahre in einer Hamburger Design-Agentur angestellt. Das Papier war ihr immer nah. „Ich habe war hauptsächlich für Buchverlage gearbeitet“, sagt sie. 2001 zog sie nach Berlin und arbeit seitdem freiberuflich. „2016 habe ich in einem Blog eher zufällig über den Risographie-Druck erfahren und sofort gewusst, das möchte ich machen: ein Label für Papierwaren aufbauen. Die Arbeit mit Kunden, Deadlines und Termindruck war für mich mit den Kindern nicht mehr möglich. So wollte ich auch nicht mehr arbeiten.“
2017 gründete sie vom eigenen Studio im Süden Berlins aus ihr Label Hungry Paper. „Da der auf Pflanzenöl basierenden Farbe ja keine Lösungsmittel zugefügt werden, braucht die Tinte Zeit, in das Papier einzudringen. Daher stammt der Name ‚hungriges Papier'“, sagt Liceni.
Stefanie Liceni gestaltet, druckt, schneidet, falzt und verpackt alles in ihrem kleinen Studio. „Auch die Weiterverarbeitung in der Buchbinderei finde ich spannend und versuche, so viel wie möglich selber zu machen“, sagt sie. Gerade hat sie kleine Notizbücher gedruckt, die sie mit einer Fadenheftung zusammennäht. „Für Sachen, die ich nicht machen kann, etwa Klebebindungen, habe ich eine tollen Partner gefunden: die Buchbinderei der Werkgemeinschaft. Das ist eine Einrichtung der beruflichen und sozialen Rehabilitation für Menschen mit Behinderungen aus Berlin und Brandenburg.“
Neben Karten und Notizbüchern druckt Stefanie Liceni auch Geschäftspapiere. Ihren Shop ergänzte sie früh um farbenfrohe Füller und Tintenpatronen.
Gemeinsames Öko-Label: „Wir wollen andere für nachhaltige Papierwaren begeistern“
Seit 2021 arbeiten Maria Bahlmann und Stefanie Liceni zusammen: Sie verbanden ihre eigenen Sortiment mit dem Label „togethery“. „Unser gemeinsames Ziel ist es, nachhaltige und wunderschöne Papierwaren auf den Markt zu bringen“, so die beiden. Die Risographie, die sie zusammengebracht hat, bilanzieren sie in punkto Nachhaltigkeit so: „Den größten Einfluss auf die Umweltbilanz einer Drucksache haben die eingesetzten Papiere.“ Ihre Papierprodukte bieten sie daher aus nachhaltigen Naturpapieren an – mit einem möglichst großen Anteil an Recyclingfasern.
„Recyclingpapiere verbrauchen in der Herstellung deutlich weniger Energie, Wasser und Rohstoffe als Papier aus Frischfasern“, sagen die Gründerinnen. „Aber auch die Haptik und das farbliche Zusammenspiel haben unsere Auswahl beeinflusst.“ Also nahmen sie auch Papiere mit alternativen Faseranteilen aus organischen Reststoffen oder Baumwolle mit in ihr Sortiment. Die „Eco Love“-Kollektion kommt in den Farben „Herbal Green“, „Moon Grey“ oder „Vintage Rose“.
Um den ökologischen Fußabdruck gering zu halten, werden ihre Briefhüllen in einer kleinen Manufaktur in Deutschland gefertigt. Die Umschläge sind nassklebend (vegan) und haben eine spitze Klappe.
Weitere Informationen:
feingeladen, Berlin
Hungry Paper, Berlin
Buchtipp: Risomania. The New Spirit of Printing, John Z. Komurki, erschienen bei niggli
Dieser Artikel erschien erstmals 2018 und wurde aktualisiert im Juni 2022.
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