Das Autor Rooms klingt nach einem Hotel für Schriftsteller. Doch wer hier eincheckt, muss keiner sein. Inspiration gibt es trotzdem: Orientiert an polnischem Design, ist jedes Zimmer anders. Gründerin Magdalena Ponagajbo über ihr Hotel und ihre Stadt
Magdalena, du führst die Designagentur Mamastudio in Warschau und leitest das Hotel Autor Rooms, das bis 2018 unabhängig war. Wie hat alles angefangen?
Wir haben uns immer für das Lokale stark gemacht. Anfang 2000, als wir zu dritt Mamastudio eröffneten, war Warschau für junge Leute nicht besonders spannend. Wir begannen, den Jahrestag der Agentur jedes Jahr mit einer Open Air-Party zu feiern. Das sprach sich herum. 2013 tanzten über 3000 Leute mit uns im Park. Zu dem Zeitpunkt waren wir nicht mehr nur wegen unseres Designs, sondern auch als Stadt-Aktivisten bekannt. Viele Freunde fragten nach einem Hotel-Tipp für Warschau. Doch es gab nur Ketten. Also überlegten wir, einen solchen Ort selbst zu schaffen: gutes Design, authenthisch, nett. Da wir die Kreativszene der Stadt sehr gut kennen, stand unser Plan:
Unser Hotel sollte für Warschau genauso stehen wie für Design, Kunst und Handwerk aus Polen. Autor Rooms war geboren.
Magdalena Ponagajbo
„Autor Rooms“ – was steckt dahinter?
Ich weiß nur, dass der Name zu mir kam. Das war wie eine Erleuchtung. Zum Glück fanden meine Partner den Namen genauso passend wie ich.
Wer sind die Gäste?
Ganz ehrlich? Die meisten Autor Rooms-Gäste kommen gezielt nach Warschau. Sie haben etwas vor und kommen zum großen Teil aus kreativen Branchen. Darunter sind viele Journalisten. Außerdem kommen wissbegierige Touristen. Sie wollen Warschau erleben, reisen gern abseits gängiger Routen, mögen gutes Design und Kultur. Unter ihnen sind auch Familien.
Was haben die Schlüssel in eurem Logo zu bedeuten? Wofür steht die Zahl 7?
Wir nutzen den Claim „Schlüssel zur Stadt“. Der Schlüssel ist im Gastgewerbe ein gebräuchliches Symbol. Wir haben dem einfach eine tiefere Bedeutung gegeben. Die Ziffern gehören zum Gebäude und der Hausnummer. Zweimal die Sieben – das ist ein starkes visuelles Zeichen. Außerdem ist die 7 ein Symbol für Glück – glaube ich.
Die Hotelzimmer sind sehr verschieden. Was bringen sie zum Ausdruck?
Zimmer 1410 ist das kleinste Zimmer von allen. Es ist in einem dunklen Blau gestrichen und hat einen Boden im gleichen Farbton. Es ist gemütlich, perfekt für Einzelreisende oder ein Paar. Wir benannten den Raum nach der berühmten Schlacht von Tannenberg, die Polen 1410 gewann. Das ist so ein Datum, das jeder hier kennt.
Zimmer 2020 ist das größte und sonnigste Zimmer von allen mit Balkon. Hier können bis zu vier Personen unterkommen. Es gibt ein Doppelbett und ein ausziehbares Schlafsofa. Mit seinen Sesseln und einem großen Kaffeetisch eignet es sich auch für ein Meeting. Arbeiten klappt hier auch: Es gibt einen Tisch mit Stuhl. Das Kubische hier erinnert entfernt an ein Raumschiff. Daher der Name 2020.
Zimmer 1777 ist der Glücksraum. Sehr weiß, schön für einen romantischen Aufenthalt. Es bietet den besten Blick nach draußen. Zimmer 1968 hat Vintage-Charakter. Hier gibt es viel Design aus den späten Sechzigern. Eigentlich ist es eine Suite mit Schlaf- und Wohnzimmer. Das Sofa ist ausziehbar. Mitreisende Freunde oder Familienmitglieder können darauf schlafen. 1968 ist der ruhigste Raum von allen und der einzige mit einem herkömmlichen Badezimmer.
In welchem Zimmer würdest du ein Gedicht schreiben? In welchem einen Song? Wo einen Roman? Und in welchem würdest du am ehesten etwas zeichnen?
Diese Fragen faszinieren mich.
Zimmer 1410 ist gut für einen Songschreiber. Ich kann mir vorstellen, wie ein Musiker auf dem Bett sitzt, Notizen macht und vor sich hin summt.
Magdalena Ponagajbo, Autor Rooms-Gründerin
Der Raum hat eine gute Akustik mit seinem dicken Teppich und den Vorhängen. Für ein Gedicht würde ich Zimmer 1777 wählen. Es ist so hell und hat eine romantische Aura.
Zimmer 1968 ist der beste Raum zum Schreiben eines Romans. Hier kann man sich länger aufhalten, und der Raum liegt sehr ruhig im hinteren Teil des Gebäudes.
Zimmer 2020 ist geräumig und hell. Hier kann man auch an größerformatigen Zeichnungen arbeiten. Ein Cartoonist könnte hier auf dem Balkon sitzen und das Leben unten auf der Straße beobachten. Oder die Fassaden der Häuser.
Gäste des Autor Rooms finden in ihrem Zimmer eine Willkommensbroschüre mit einem Stadtplan von Warschau und dem Stadtführer Warszawa Warsaw. Was steckt darin?
Unsere Gäste sollen Warschau möglichst mit dem Blick des Einheimischen kennenlernen. In der Broschüre finden sie also Orte, die wir selbst gern besuchen – Restaurants, Cafés, Galerien, Museen, Geschäfte. Der Stadtplan enthält eine recht enge und subjektive Auswahl an Adressen, die gut zu einem zweitägigen Aufenthalt passen. Der Warszawa Warsaw-Stadtführer zeigt eine etwas größere Vielfalt von Warschau.
Ihr bietet viele gedruckte Dinge – darunter Prints und Notizblöcke. Ziehst du die analoge Welt der digitalen vor?
Ich bin aus der vordigitalen Ära und habe ein paar Jahre Bücher gestaltet. Das Gedruckte für mich den höheren Stellenwert. Amazon wird einem nie das Vergnügen vermitteln, das einer hat, der einen besonderen Buchladen betritt. Beim Reisen wiederum mag ich das digitale Lesen. Ich kann so viele Bücher auf meinen Reader laden, wie ich möchte, und in völliger Dunkelheit lesen, ohne andere zu stören. Das ist eine tolle Erfindung. Das gilt auch für Stadtführer. Im Internet gibt es unzählige tolle Hinweise und Empfehlungen. Deshalb haben wir für Warschau auch eine Website, auf der wir die Inhalte aus unserem Stadtführer regelmäßig aktualisieren.
Wohin in Warschau gehst du, um Inspiration zu finden?
Witzig. Ich verlasse dafür die Stadt. Das heißt nicht, dass Warschau nicht inspirierend ist! Es ist nur schwerer, wenn man einen Ort so gut kennt. Deshalb mache ich hier gern neue unbekannte Dinge. Einmal waren wir mit der Mamastudio-Crew in einem Boot auf der Weichsel unterwegs, legten irgendwo an und picknickten um ein großes Lagerfeuer herum. Es war an einem Strand. Von dort aus sahen wir noch die Wolkenkratzer der Stadt. Super inspirierend!
Welche Orte in Warschau magst du besonders – und warum?
Ich bin ein großer Fan modernistischer Architektur. Zu meinem Glück wohne ich auch in einem solchen Gebäude. Mein Viertel, Żoliborz, wurde in den frühen 1920-ern entworfen. Es ist sehr grün mit Parks und Plätzen. Ich laufe gern einfach nur dort herum. Es ist unmöglich, rauszugehen und nicht auf Freunde zu treffen!
Welche Dinge sollten wir uns aus Warschau mit nach Hause nehmen?
Das wäre das Buch Warszawa Warsaw, vielleicht auch eine Kerze, ein Glas oder eine Schlafmaske. Im Autor Rooms liegen Dinge gratis in den Zimmern: Bleistift, Notizblock, Sticker – und besondere Pflaumenschokolade.
Danke sehr, Magdalena!
Information:
Autor Rooms, Lwowska 17/7, 00-660 Warsaw, Poland
Noch mehr kreative Orte:
Hotel Balatura, Tribalj, Kroatien
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