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Lebensfreude | Briefe schreiben (I) – Von Liebesbriefen und Festtagszeilen

Weihnachten naht. Schreiben und verschenken Sie doch mal einen Brief! Wir befragten dazu Lektorin Petra Müller. Sie kennt sich gut aus mit persönlicher Korrespondenz. Ihr besonderes Anliegen: Liebesbriefe und Weihnachtsbriefe.

Am Anfang ist das leere Blatt. Bild: Unsplash / Mockaroon
Am Anfang ist das leere Blatt. Ran an den Füller! Credits: Unsplash / Mockaroon

Am Anfang ist das leere Blatt – was für Autoren gilt, gilt auch für Briefschreiber. Diese können auf besonderem Papier, auf Grußkarte oder Postkarte schriftlich festhalten, was sie umtreibt (und zum anderen hin). Künstlerisch Veranlagte greifen zum Füller, um zu schreiben, und zum Bleistift, um etwas dazu zu zeichnen. Wie auch immer er aussieht: Der Brief vermittelt Nähe. Das zählt.

Du faszinierst und inspirierst mich immer noch, du beeinflussst mich zum Besseren.
Johnny Cash an June Carter (1994)

Die Lektoren Petra Müller und Rainer Wieland haben Liebesbriefe großer Persönlichkeiten in einem Buch zusammengestellt. Leser können sich anregen lassen von Giacomo Casanova, Marlene Dietrich, Albert Einstein, Edith Piaf, Camille Claudel oder Virginia Woolf und vielen anderen – Überraschungen inklusive.

"Schreiben Sie mir, oder ich sterbe", hrsg. von Petra Müller und Rainer Wieland, Piper 2016, 42,-
„Schreiben Sie mir, oder ich sterbe“, hrsg. von Petra Müller und Rainer Wieland,
Piper 2016, 42,-. Credits: Piper Verlag

Frau Müller, was raten Sie Menschen, die einen Liebesbrief schreiben möchten und eher unerfahrene Schreiber sind?

Wir haben sicher nicht alle die Möglichkeit, unsere Liebe zu zeigen, in dem wir ein Herz mit Diamanten besetzen lassen, wie Heinrich IV., oder indem wir so kunstvolle Worte finden wie Brecht mit seiner „Sphinx meines Mondscheinnachtskahnfahrtentraumwahnsinns“. Aber wir können das tun, was all die Berühmtheiten in unserem Buch auch getan haben: den Mut finden, unsere Gefühle zu Papier zu bringen, zu zeigen, was wir empfinden – und das in unseren eigenen Worten. Egal, ob kunstvoll oder nicht, ob als langer elegischer Brief mit Tinte auf schönem Papier oder nur als ein paar Worte mit Bleistift auf einem kleinen Zettel. Ein handschriftliches Liebesgeständnis gehört einfach zu den schönsten Dingen, die man verschenken kann. Und im Gegensatz zu einer SMS kann der oder die Empfängerin diesen Brief verliebt unters Kopfkissen legen oder vielleicht sogar ein Leben lang aufbewahren.

Die Herausgeber Petra Müller und Rainer Wieland. Copyright: Barbara Dietl
Die Herausgeber Petra Müller und Rainer Wieland. Credits: Barbara Dietl

Welcher Liebesbrief hat Ihnen am besten gefallen und warum?

Im Moment des Lesens und Vertiefens in die Liebesgeschichten ist jeder einzelne Brief der schönste. Jemand kehrt dort sein Innerstes nach außen und findet Worte für die aufwühlendsten Gefühle, die wir kennen: Verliebtheit, Liebe, Sehnsucht, Begierde, Kummer und Schmerz. Gefühle, die uns menschlich machen, irdisch und verletzbar, egal, ob berühmt oder nicht, ob Dichter, Malerin, Philosophin oder König. In den Briefen zeigen sich die vielen Spielarten der Liebe, ihre Leuchtkraft und ihre Schattenseiten. Alain Delon trauert in einem Abschiedsbrief an Romy Schneider, Dylan Thomas schreibt seiner Ehefrau, dass er sie „für alle Ewigkeit“ liebe, „bis die Sonne erlischt, und sogar noch danach“. Adele Sandrock ist erbost über den „zehnfach erstarrten Eisbär“ Arthur Schnitzler. Und Remarque möchte besorgt wissen, ob Marlene Dietrich „auch unterwärts warm angezogen ist“. Jeder dieser Briefe entführt seine Leser in eine besondere Geschichte und einen eigenen Kosmos der Gefühle.

Auszug aus "Schreiben Sie mir, oder ich sterbe": Erich Maria Remarque schreibt Marlene Dietrich aus dem Ambassador Hotel, New York 1949. Copyright: Piper Verlag
Auszug aus „Schreiben Sie mir, oder ich sterbe“: Erich Maria Remarque schreibt Marlene Dietrich aus dem Ambassador Hotel, New York 1949. Credits: Piper Verlag

Gibt es Ihrer Meinung nach so etwas wie den idealen Zeitpunkt für einen Liebesbrief?

Ja, den gibt es: Jeder einzelne Moment! Gibt es etwas Wichtigeres, als dem geliebten Menschen zu sagen: Ich liebe Dich!?

Danke für den Einblick, liebe Frau Müller.

Bild: Pixabay, Primiano-stamps
Credits: Pixabay, Primiano-stamps

Auch für Weihnachtsbriefe bieten Petra Müller und Rainer Wieland Anregungen. Ausgewählte Briefzeilen von berühmten Persönlichkeiten enthält ihr Buch Habt alle ein schönes Fest und einen warmen Ofen (Propyläen Verlag, 15,-). Ihm ging eine umfangreiche Recherche zu Weihnachtsbriefen von Menschen aus über 300 Jahren Geistesgeschichte voraus. Prädikat: ein Fundus.

Tolkiens Briefe vom Weihnachtsmann

Nicht nur für Kinder ein Fest sind J. R. R. Tolkiens Briefe vom Weihnachtsmann. Darin lässt der berühmte Erfinder des Herrn der Ringe den Weihnachtsmann in Wort und Bild vom Leben am Nordpol erzählen. Perfekte Adventslektüre.

„Me making pastry… Polarbear .. busy helping“: Tolkiens Weihnachtsmann mit Polarbär in einem Weihnachtsbrief an seine Kinder. Credits: Klett Cotta
Weihnachtsbild von Tolkien in einem Brief von 1928: Polarbär fällt
mit Päckchen und Kugeln die Treppe hinunter. Credits: Klett Cotta
Tolkien Briefe vom Weihnachtsmann
J.R.R. Tolkien, „Briefe vom Weihnachtsmann“, Klett Cotta, 12.95 Euro;
Credits: Klett Cotta

Für Briefschreiber: Papier, Siegel, Siegelwachs

Natürlich ist es möglich, seine Briefe besonders schön in die Welt zu schicken. Dazu eignet sich besonders gut cremefarbenes Briefpapier. Klassisch dazu: ein Füller mit königsblauer Tinte. Wer mag, wählt schwarze Tinte. Den Umschlag mit Siegel versehen, fertig. Festlich wird es mit persönlicher Note und einer Prise Goldstaub… Viel Freude!

Siegel von Bortoletti, Venedig. Copyright: Bortoletti Fonderia, Venedig
Siegel von Bortoletti. Das venezianische Unternehmen versendet Stempel und Zubehör weltweit, auch mit den eigenen Initialen. Credits: Bortoletti Fonderia, Venedig

Produkt-Informationen:

Briefpapier, gesehen bei Credenza Hamburg oder RSVP, Berlin

Siegel und Siegelwachs, gesehen bei Bortoletti, Venedig (schöne Gelegenheit, den lokalen Handel in schweren Zeiten zu unterstützen!), oder Federführend, Hamburg

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