Credits: Petit Gramme, Paris

Dossier – Auf Papier | Sie mögen Kraken? Diese Produkte feiern die Kopffüßer

Kraken sind bizarr – und bezaubernd. Mit ihren vielen guten Eigenschaften bevölkern sie längst auch die Welt auf Papier. Ein paar lohnende Beispiele? Bitte sehr.

Wie gewitzt Tintenfische sind, schildern Biologen immer wieder. Autoren wie Jules Verne, Victor Hugo oder Alfred Tennyson haben das Wundertier der Meere literarisch verwoben, als noch vor allem Riesenkraken die Phantasie anregten. Heute wird die Literatur dem Wesen der Kraken gerechter. Sie sind neugierig und überraschend. Und sie begegnen auch dem Menschen so. Erlebt hat das etwa Sy Montgomery.

Credits: mare Verlag
Credits: mare Verlag

2017 kam das Buch Rendezvous mit einem Oktopus der Naturforscherin aus New Hampshire, USA auf den deutschen Markt. Ihre Begegnung mit dem Pazifischen Riesenkraken Athena in einem Bostoner Aquarium bringt sie dazu, immer tiefer ein in das Wesen dieser Tiere einzutauchen. Montgomery zieht andere Experten hinzu, darunter eine Psychologin und ein Biologe, die den Verstand der Tintenfische erforschen und ihre komplexen Persönlichkeiten besonders gut kennen. Was für eine Verbindung! Ein Buch fürs Leben. Lohnend natürlich auch im englischen Original. Ein Auszug:

„Ihre schwarze Pupille ist ein dicker Strich auf einer perlmuttfarbenen Kugel. Ihr Ausdruck erinnert mich an die Augen von Hindugöttern und -göttinnen: Abgeklärt und allwissend blickt sie weise bis in die Urzeit zurück.“

Sy Montgomery, Rendezvous mit einem Oktopus, über den Oktopus Athena
Credits: Matthes & Seitz, Berlin
Credits: Matthes & Seitz, Berlin

Peter Godfrey-Smith ist in gewisser Weise ebenfalls Naturforscher: Als Philosoph hat er sich Kraken aus der Perspektive der Evolution genähert. Ihr Wesen, ihre Geschichte und ihre Rolle im komplexen Ganzen der Natur hat ihn zu einem Sachbuch inspiriert, Die Krake, das Meer und die tiefen Ursprünge des Bewusstseins. Es beschreibt Spannendes und Lehrreiches über die Meeresbewohner, deren Intelligenz in ihren Tentakeln liegt. Doch nicht nur über sie, auch über uns selbst denken wir nach der Lektüre anders.

„Mein Interesse gilt dem Erleben und all seinen Formen, in denen es sich entwickelte, aber in diesem Buch kommt den Kopffüßern besondere Bedeutung zu. Dies vor allem deshalb, weil sie so bemerkenswerte Geschöpfe sind. Wenn sie sprechen könnten, hätten sie uns eine Menge zu erzählen.“

Peter Godfrey-Smith, Die Krake, das Meer und die tiefen Ursprünge des Bewusstseins

Tomi Ungerer muss das gewusst haben. Kaum jemand hat das Wesen des klugen, findigen und dabei herzzerreißenden Tintenfischs besser in eine Geschichte gefasst als der Künstler, der aus Strasbourg stammte und zuletzt in Irland lebte. Kinder und Erwachsene verehren ihn für seine wundervollen Geschöpfe, seine kluge provokante Kunst und seinen Witz. Ungerers Emil der hilfreiche Tintenfisch gehört in jeden Haushalt. Es gibt kein Kinderbuch, das ich lieber verschenke. (Man achte auf Emils Augen!)

Ungerers sichtbares Herz für Tintenfische wird auch an diesen Werken klar. Sie sind zeitlos gut.

Notizbücher, Kalender und Grußkarten mit Krake

Auf dem Schreibtisch tummeln sich Tintenfische natürlich auch gern. Für Notizen und postalische Grüße eignen sich folgende Dinge, mit denen wir ihre Schönheit bestimmt nicht vergessen:

Credits: Petit Gramme, Paris
Credits: Petit Gramme, Paris

In zwei Größen gibt es die Notizbücher „Carnier Poulpe“ der Pariser Papeterie „Petit Gramme„. Das Designer-Duo Marlène Janin und Quentin Simonin tat sich 2015 zusammen. Sie haben ihren Hintergrund im Textil- und Produktdesign und der Illustration. Ihr rotes Tintenfisch-Motiv gibt es auch als Karte.

Credits: Petit Gramme, Paris

Die britische Künstlerin Kate Bowden, die in Berlin lebt und arbeitet, hat eine Tintenfisch-Grußkarte der anderen Art geschaffen. Dank Cutout-Technik führt das Tier ein Eigenleben: Alle Tentakel sind ausklappbar. Soll er im Kuvert abtauchen, klappt man sie einfach ein.

Eigene Notizen, inspiriert vom Lebensraum der Tintenfische: Das Blanko-Notizbuch mit Leineneinband (unten) macht es möglich. Die Gestaltung ist eine Adaption des Buches John Marr und andere Matrosen von Bartleby-Autor Herman Melville. Sie mögen das Titelmotiv des Buches von Sy Montgomery lieber? Es ist als liniertes Heft erhältlich (rechts).

Grafik-Designerin Tanja Stelling lässt sich von Kraken gern in die Tiefen der Meere entführen. Nur auf Papier natürlich. „Ich lebe in Schleswig-Holstein und liebe die Nordsee und das raue Klima“, sagt sie. „Kraken sind uralt und können erstaunliche Dinge tun. Sie stehen für mich für die wilde und unberechenbare Seite des Meeres. Gleichzeitig sind sie nicht die Monster, für die Seefahrer sie früher hielten. Daher sollten wir keine Angst vor der Tiefe haben. Da unten warten noch die Geheimnisse des Meeres.“ Stelling, die in Elmshorn lebt, bannte Kraken auf Postkarten und Adventskalender.

Credits: nordischklaar
Credits: nordischklaar
Credits: Nordischklaar
Credits: Nordischklaar

May-Britt Wehrli aus Frauenfeld in der Schweiz verkauft Kraken auf Papier und Textil. „Mein Tintenfischmotiv entstand zuerst auf einer Babydecke mit der Idee, dass sich die Tintenfischarme um etwas wickeln können“, sagt sie. „Genauso so macht es meine Babydecke. Vom Kollektionsgedanken her verwende ich gerne dasselbe Motiv in verschiedenen Produkten. Das Motiv Tintenfisch eignet sich sehr schön dazu, auf einer Postkarte im Linoldruckverfahren dargestellt zu werden.“

Credits: May-Britt Wehrli, flot
Credits: May-Britt Wehrli, flot
Credits: May-Britt Wehrli, flot
Credits: May-Britt Wehrli, flot
Credits: May-Britt Wehrli, flot
Credits: May-Britt Wehrli, flot

Kraken zieren natürlich auch Kalender. Zum Beispiel den sehenswerten „Mare Kulturkalender 2021“ mit farbenfrohem Tintenfisch auf dem Titel. Selbst, wenn das Jahr voranschreitet: Der Kalender überzeugt auch auf den weiteren Blättern. Es lohnt sich bei schönen Kalendern auch noch im Verlauf eines Jahres, sie zu kaufen. Eine Praxis, die sich bei mir vor allem beim Kauf von Literaturkalendern eingeschlichen und bewährt hat.

Credits: mare Verlag
Kalender-Auszug.
Credits: Judith Schallenberg // mare Verlag

Der selbständig handelnde Oktopus bei Mark Benecke oder Gert Scobel

Der eine oder andere unter den Leserinnen und Lesern dürfte schon von Mark Benecke gehört haben. Der Kriminalbiologe, der bei allen, die seinen Podcasts auf Radio Eins lauschen, sogar Sympathien für Silberfischchen im Bad zu wecken versteht, beschreibt in einem brillanten Tierbuch auch Tintenschnecken. Das Buch brachte er im Herbst 2020 gemeinsam mit der Illustratorin Kat Menschik heraus. Und Tintenschnecken? Als solche werden Tintenfische zoologisch bezeichnet. Im Grunde ist der Tintenschneck ein Name, der ihnen besser steht als Tintenfisch – weil er sie noch etwas einzigartiger macht. Finde ich.

Der Krak aus der Feder von Kat Menschik. Aus: Kat Menschiks und des Diplombiologen Doctor Rerum Medicinalium Mark Beneckes illustrirtes Thierleben, Galiani Berlin. Credits: Galiani Berlin

Wenn Benecke von der Verspieltheit der Kraken im Labor von Forschern berichtet, geht Krakenfreunden das Herz auf. Versprochen.

Credits: Galiani Berlin

Einige Zeit nach dem Erscheinen dieses Beitrags ist übrigens eine wunderbare Folge des Podcasts „Sein und Streit“ im Deutschlandfunk Kultur (3. April 2022) erschienen. Darin widmet sich das Philosophiemagazin der Intelligenz der Kraken, hier erklärt von Wissenschaftsjournalist Gert Scobel. Er begeistert mit kleinen Anekdoten zum Gemeinen Kraken (Octopus Vulgaris), der dank seiner acht Arme wendig denken kann, spielend Kontakt aufnimmt und seine Umwelt erkundet. Ein Tier wie ein Wunder. Es braucht Schutz: Menschen, die ihm Respekt zollen.

Credit: Schallenberg / inkognito Verlag

In meiner Kiezbuchhandlung stand neulich diese Postkarte der Kinderbuch-Illustratorin Yvonne Sundag im Kartenständer. Die Künstlerin zaubert öfter mal Tiere in alte Fotos. Der ahnungslose Mann auf dem Boot: Auch so geht Sommer.

Bezugsquellen:

Bücher:

Mark Benecke, Kat Menschik, Kat Menschiks und des Diplombiologen Doctor Rerum Medicinalium Mark Beneckes illustrirtes Thierleben, Galiani Berlin

Peter Godfrey-Smith, Der Krake, das Meer und die tiefen Ursprünge des Bewusstseins, Matthes & Seitz

Sy Montgomery, Rendezvous mit einem Oktopus, mare Verlag

Tomi Ungerer, Emil der hilfreiche Tintenfisch, Diogenes Verlag

Notizbücher mit Oktopus – Petit Gramme, mare Verlag

Grußkarten von Tanja Stelling, Nordischklaar, May-Britt Wehrli von flot, Kate Bowden von Cut&Make, auch erhältlich bei RSVP Berlin, und Yvonne Sundag (Krake im Foto) von inkognito

Kalender – „mare Kulturkalender 2021

Credits: Louise Kappius 2017

Noch mehr Tiere auf Papier bei The Bartleby:

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